Jugendarbeit bei C01
Schrittweise mit den Jüngsten zum Amateurfunk

Eigentlich haben wir Aktiven bei C01 uns das immer schon so vorgestellt: Jugendarbeit Schritt für Schritt, nur sicher waren wir uns nie, ob es auch so funktionieren würde. Aber hätte es denn einen anderen Weg gegeben? Wichtig war uns, dass wir Kinder sehr früh mit Technik zusammen bringen und dass in der Öffentlichkeit ein positives Bild der Funkamateure entsteht. Als dann eine Firma auf uns zu kam und fragte, ob sie uns etwas spenden dürften und die ersten Kinder fragten, ob sie an einem Amateurfunkkurs auch teilnehmen dürften, konnten wir sagen, dass das Ziel erreicht wurde.

Inzwischen gibt es bei uns 5 parallele Angebote, an denen insgesamt rund 40 Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen teilnehmen. Doch lest erst einmal selbst, wie es bei uns abgelaufen ist und fragt Euch im letzten Abschnitt ernsthaft, ob das bei Euch nicht auch möglich ist. Wenn JA, dann packt es an. Jetzt!

Der Anfang: Druse für Kids

Als Markus Boehm DF4BM - damals noch kein Funkamateur - im Herbst 2005 im Jugendzentrum Vaterstetten mit seiner Idee vorstellig wurde, ließ man ihn gewähren. So eine verrückte Idee! Er wollte ausgediente Geräte vom Wertstoffhof von kleinen Kindern zerlegen lassen. Haushaltsgegenstände, die den Kindern von der Funktion her bekannt waren, deren Innenleben aber ein Geheimnis für sie war. Er nannte das Projekt "Druse" nach dem unscheinbaren Gesteinsbrocken, der im Inneren wunderschöne Kristalle enthält.

In dieser Zeit meldete er sich auch zu einem Amateurfunkkurs an, bestand die Prüfung, wurde DARC-Mitglied und hatte schon bald zwei Mitstreiter aus dem OV, die ebenfalls die unglaubliche Neugier der Kids nach Technik befriedigen wollten.

Der rege Wechsel in der Zusammensetzung der Gruppe störte nicht. Wenn ein Kind ausschied, weil die Eltern für den Wochentag eine andere Beschäftigung organisiert hatten, brachte es gleich "Ersatz" aus seiner Klasse mit. Und immer waren Kinder auf der Warteliste.

Es wird ernst: Elektronik für Kids

Nach etwa 2 Jahren kamen einige Kids mit der Idee, aus den ausgebauten Teilen, die sie im Laufe der Zeit gehortet hatten, etwas Neues bauen zu wollen. Das war eine "echte" Herausforderung für das Team. Woher sollten wir passende Projekte nehmen?

Wir forschten im Internet und fanden u. a. den "Technischen Jugendfreizeit- und Bildungsverein (TJFBV) e. V." (heute "Technische Jugendfreizeit- und Bildungsgesellschaft gGmbH" www.tjfbg.de) und besuchten den OV Fürstenfeldbruck C28 [1]. Es war unglaublich, was wir dort vorfanden. Die OMs hatten ein eigenes von der Gemeinde gefördertes Clubheim und bastelten schon mit Mikroprozessoren! So weit würden wir nie kommen. Aber wir hatten jetzt ein Ziel und mussten uns unseren eigenen Weg suchen.

Als wir in einem Artikel in den örtlichen Zeitungen um weitere Kids warben, waren wir von der Resonanz völlig überrascht. Auf den Artikel reagierte auch Hans Pöschl (damals noch nicht DE3JHP). Er war in Rente gegangen und hatte überschüssige Bauteile aus seiner aktiven Zeit, die er uns anbot. Er durfte an dem Abend mit helfen - und gehört seitdem mit zum Team. Er leitet auch die neueste Gruppe "Werkzeugkunde für Kids", denn auch für den richtigen Umgang mit verschiedenartigstem mechanischen Werkzeug besteht bei den Kids genauso Bedarf. Sie interessieren sich eben im wahrsten Sinne des Wortes "für alles". Nur anbieten muss man es. Der Rest findet sich.

Zunächst bauten alle Kinder genau die gleiche Schaltung auf, wobei wir uns für die Reißnageltechnik des TJFBV entschieden. Sie ist einfach zu handhaben, übersichtlich, kindgerecht, preiswert und in der Vorbereitung nicht allzu zeitaufwändig. Viele gute Projekte findet man auch im cqDL-Spezial: Bastelspaß [4] und beim AATiS [5]

Am beliebtesten sind inzwischen Kombinationen von Leiterplattenaufbauten mit mechanischen Herausforderungen: Roulette, Elektronische Orgel, Stereo-Verstärker.

Mit der Zeit kommen immer wieder neue Kinder hinzu, andere scheiden aus und die Folge ist, dass jeder etwas anderes baut. Chaos? Nein, im Gegenteil. Die Kids helfen sich gegenseitig, wenn die Betreuer gerade beschäftigt sind. Und das sind sie immer.

Die Herausforderung: Mikroprozessor für Kids

Fünf Jahre nach dem Start unserer Aktivitäten und nur drei Jahre nach dem Beginn der Elektronik-Bastelgruppe hatten zwei Kids schon ihre eigene Homepage [6,7]. Dabei dokumentiert das "Elektronik Lexikon" [6] viele unserer Aktivitäten mit Fotos, Beschreibungen und Zeitungsartikeln. Und aus dieser Ecke kam auch der Wunsch "etwas mit Mikroprozessor" zu bauen. Hartwig Harm DH2MIC hatte sich in der Anfangszeit der Mikroprozessoren mit der Thematik befasst und "durfte" das erste Projekt der neuen Arbeitsgruppe betreuen: einen elektronischen Würfel mit optischer und akustischer Ausgabe des Ergebnisses. Die Ansage "wir programmieren in Assembler" löste zunächst Protest und Entsetzen, bald aber schon Begeisterung aus. Und wenn die Kids plötzlich andere Vorstellungen vom Lösungsweg entwickeln, macht es die Sache zugleich spannend und lehrreich.

Übrigens kennt die Neugier und der Entdeckungsdrang der Kids keine Grenzen. Die Jugendlichen zapfen alle verfügbaren Quellen an, verschlingen Bücher und experimentieren "auf Teufel komm raus". Da muss man sich doch tatsächlich aufs Moderieren beschränken und besonders darauf achten, dass auch die schwächeren Gruppenmitglieder den Anschluss halten. Den Rest erledigen die Kids schon selbst!

Besonders stolz ist die Gruppe "Mikroprozessor für Kids" auf ihren Erfolg beim Wettbewerb des Landkreises um den Förderpreis für beispielhafte Jugendarbeit im Jahr 2011: Sie gewannen den mit 200 Euro dotierten dritten Preis. Näheres bei [6].

Die Überraschung: Amateurfunk für Kids

Markus DF4BM baute parallel zur Mikroprozessoraktivität auch eine kleine Amateurfunkstation auf, an der spielerisch unter unserem Ausbildungscall ein bisschen Funkbetrieb stattfinden kann [3]. Hermann Sigl DL4MHT erklärt einmal im Monat für eine Stunde die Grundlagen des Amateurfunks, vor allem die Betriebstechnik, wichtige Abkürzungen, gegenseitige Rücksichtnahme und Hamspirit. Das Amateurfunkalphabet kennen inzwischen fast alle. Aber zum Funkamateur fehlt doch noch so einiges!

Um so überraschter war Hartwig DH2MIC, als er im Mikroprozessorkurs erzählte, dass er im Herbst 2011 einen Amateurfunkkurs an der VHS Vaterstetten abhalten würde und dass er bisher 3 Anmeldungen hätte. Da fragten doch tatsächlich drei Jugendliche, ob sie denn auch daran teilnehmen dürften!

Die Kids haben in der Schule noch nichts von Sinus, Cosinus, Phase oder Logarithmus gehört. Kein Problem, denn die Erwachsenen wissen das auch nicht mehr. Und dass der Kurs dann eben einen Monat länger dauert, stört niemand. Dabei nehmen gerade die jungen Teilnehmer alles Neue erstaunlich schnell und sicher auf. Sie sind das Lernen einfach (noch) gewohnt. Bei den praktischen Übungen in unserer Elektronikwerkstatt sind die Kids dann wieder in ihrem Element und zeigen den "Großen" was sie schon alles drauf haben.

Zusammenfassung und Ausblick

Mit dieser kleinen Ausarbeitung möchten wir alle aktiven OMs und YLs ermutigen, auch in ihrem OV mit Jugendarbeit zu beginnen. Sucht Euch einen Partner [1] und legt los.

Die Erfolgsstory der C01-Jugendarbeit hat natürlich viele Väter. Aber ohne einen Initiator, der für sich beschießt: "Ich mache was!" passiert gar nichts. Dazu braucht es eigentlich außer etwas Durchhaltevermögen nur noch einen, später dann zwei oder drei Mitstreiter aus dem Club. Aber die findet man immer! Bittet einfach einen OM, dass er Euch ausnahmsweise mal hilft. Er bleibt dabei, denn es macht einfach Spaß mit den Kids zu arbeiten und ihren Wissensdurst zu stillen. Auf die Art kamen auch Peter Hampl DH2HPH und Bernd Mohr DJ9SN ins Team. Peter hat inzwischen viele Kurse an der Offenen Ganztagsschule (OGS) der Mittelschule Kirchheim [8] gehalten und Bernd nimmt sich der jüngsten Teilnehmer an.

Bei so vielen Helfern ist es fast selbstverständlich, dass wir auf vielen Straßenfesten eine feste Anlaufstelle sind, ganzen Schulklassen einen Elektronik-Basteltag bieten oder in der Nachmittagsbetreuung oder in Ganztagsklassen gefragte Akteure abgeben. Man kennt uns.

Dann die Raumfrage. Welcher Ortsverband hat schon ein eigenes Clubheim? Wir waren 3 1/2 Jahre "Gast" in der Töpferwerkstatt des Jugendzentrums Vaterstetten bis man uns den ehemaligen Internetraum zur Mitbenutzung anbot [2].

Inzwischen ist er durch die neu entstandenen Angebote Mikroprozessor für Kids, Amateurfunk für Kids und Werkzeugkunde für Kids so gut ausgelastet, dass er uns praktisch allein "gehört". Und wir haben auch schon die Genehmigung, eine Antenne errichten zu dürfen.

Wir hätten nie geglaubt, dass wir in nur 6 Jahren so weit kommen würden. Und die Leitung des Jugendzentrums ist von unserer konsequenten Arbeit aus Erfahrung so überzeugt, dass sie jederzeit anderen Jugend-Einrichtungen empfehlen würde, Aktivitäten von Funkamateuren nicht nur zu dulden sondern aktiv zu unterstützen. Dabei geht man davon aus, dass alle Funkamateure aus dem gleichen Holz sind. Was das Engagement betrifft, ist das sicher zutreffend! Anrufe aus anderen Einrichtungen werden gerne beantwortet. Die Telefonnummer findet man auf der Internetseite des AWO Jugendzentrum Vaterstetten

Und warum haben wir bislang darauf verzichtet, die Jugendlichen aufzufordern, Mitglied des DARC zu werden? Weil uns viel wichtiger ist, möglichst viele Kinder bei niedriger Einstiegsschwelle an unsere geliebte Technik heran zu führen. Das nächste Ziel ist dann die positive Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Dazu muss ein Teammitglied die Presse regelmäßig aktiv informieren. Außerdem sind die Kinder - und auch die Betreuer - über das Jugendzentrum versichert, so dass dieser Grund - bei C28 ist das anders - entfällt. Andererseits haben wir auch einen häufigen Wechsel gerade bei den noch sehr jungen Kindern. Wer aber nicht nur von Technik etwas gehört hat, sondern bis zum Funkamateur bleibt, wird dann sicher auch Mitglied. Vermutlich ein Leben lang.

Literatur:
[1] Wie kommt die Technik zur Jugend, Helmut Berka DL2MAJ, cqDL März 2009
[2] Was unter der Oberfläche des Alltags steckt. Münchner Merkur, Ausgabe Ebersberg, 03.07.2009.
    Siehe auch unter [6] bei EBG->Zeitungsartikel->04.07.2009
[3] DN2VA, bitte melden. Susanne Edelmann, Münchner Merkur, Ausgabe Ebersberg, 29.08.2011.
    Siehe auch unter [6] bei EBG->Zeitungsartikel->30.08.2011
[4] CQ DL Spezial: Bastelspaß - Elektronik zum Begreifen, DARC Verlag
[5] Arbeitskreis Amateurfunk und Telekommunikation in der Schule, AATiS e. V., http://www.aatis.de
[6] Florians Seite: Das Elektronik Lexikon, http://www.duran2.de/felektro
[7] Julians Seite mit Schwerpunkt Mikrocontroller, http://www.tuefftler.de
[8] Elektronikkurs an der OGS der Mittelschule Kirchheim: http://dh2hph.darc.de/
[9] Homepage des OV C01: http://www.ov-c01.de
[10] Mikroprozessortechnik bei C01: http://dh2mic.darc.de/mikroprozessor/


© Ortsverband Vaterstetten im DARC, DOK C01
Markus Boehm DF4BM - Jugendreferent C01 - df4bm@darc.de 
Hartwig Harm DH2MIC - Ausbildungsreferent C01 - dh2mic@darc.de 
Ver. 1.3 - 05.03.2013